april ´15, kyiv, maidan der unabhängigkeit
Bär: Was steckt denn da raus? [zeigt auf mein Puschelmikro zwischen den Knien]
Masha: Was? Genau so, wie bei dir.
Bär: Wo siehst du? Gibts nicht. Was ist das für ein Ständer? Magst du Pelzige, ja? Ich bin auch pelzig. Maschenka.
Masha: Übrigens wirklich Maschenka.
Bär: Komm her, na komm her. Ich zeig dir was. Na Maschenka, was zierst du dich gegen deine Wünsche? Guck in die Augen. [macht sonst was mit der Kamera, aufessen] Ich überlege, ob du mich im Eichhörnchenkostüm, im Winnie Puh oder im Bärkostüm gesehen hast.
Masha: Im Eichhörnchenkostüm.
Bär: Eichhörnchen, ja?
Masha: Arbeitest du hier schon lange?
Bär: Ja seit vier Jahren.
Masha: Vier Jahre?! Und was hast du während des Maidans gemacht?
Bär: Ich habe auch hier gearbeitet. Ich hatte da so [akustisch unklar, was er sagt]...während des Maidans.
Masha: Ist das dein Lieblingscafé, wo du immer hin gehst?
Bär: Zumindest seit dem Moment der Eröffung. Machen Sie dem Bär bitte einen Kaffee. Der Bär möchte auch Stück Käse.
Masha: Machen Sie dem Bären bitte einen Kaffee.
Bär: Kann ich mit einem Capuccino rechnen?
[Masha fragt nach Kleingeld bei Anna u Nele.]
Bär: Capuccino. Während des Maidans war es mir nicht danach [er meint, im Bär-Kostüm als laufende Fotofigur zu arbeiten], aber danach habe ich wieder angefangen zu arbeiten.
Masha: Warst du tatsächlich hier während der Auseinandersetzungen?
Bär: War ich.
Masha: Und was waren deine Eindrücke?
Bär: Na, man wurde gut durchgeschüttelt. Aber naja, ich bin zum Glück nicht gestorben.
Masha: Und jetzt? Kannst du hier einfach so lang laufen?
Bär: Naja, schon. Es sind hier viele Bekannte vom Maidan. Und was machst du?
Masha: Musik.
Bär: Echt? Und welche Musik?
Masha: Klassik gefällt mir nicht so. Hip Hop ist schon besser. Elektronisch geht auch, aber kommt darauf an, ob sie delikat ist oder nicht.
Bär: Ja mir gefällt auch so einiges. Jazzige Kompositionen. Die Ästhetik gefällt mir.
Masha: Spielst du selbst irgend ein Instrument?
Bär: Nein. Obwohl ich schon ziemlich musikalische Finger habe. [bewegt seine Finger] Aber ich meine jetzt nicht diese.
Masha: Und kommst du selbst aus Kyiv?
Bär: Ja.
Masha: Das ist also dein Hauptberuf? Bist du hier jeden Tag?
Bär: Ja.
Masha: Wärest ein guter Musiker. Verlorenes Talent.
Bär: Aber ich tanze. Also nicht verloren. Wenn du willst, schaffst du alles.
Masha: Wo tanzst du? Oder für sich selbst?
Bär: Ja. Ich mags.
Masha: Naja, wir sind hierhin für einen Film gekommen, suchen nach der Geschichte des Maidans, nach ein paar Momenten.
Bär: Da hatte ich auch so paar Momente, die in die Geschichte eingehen können.
Masha: Erzähl.
Bär: Da hatte ich eine Situation, als ich mit einem Freund war. Wir sind auf den Maidan gekommen ohne alles, ohne Helme, ohne Schutzwesten. Dann gingen wir zu Hruschevska Str. Ohne alles... wir haben irgendwie 8 Leute organisiert. Ich habe 15 [nicht verstanden, was er sagt] gesammelt. Unsere Aufgabe war dann, näher zur Wand zu gelangen. Dort standen schon die Kolonnen. Wir waren 4 vorne, die gedeckt haben und 4 hinten, die dann durchkommen sollten. Als das fertig war, haben wir angenfangen uns in Richtung Wand zu bewegen. Bis zur Mitte durchgekommen, läuft die Menge auseinander und nur ich als Decker und der hinter mir bleiben da. Da haben wir Brandwunden und Cocktails abbekommen. Noch eine Situation gab es, als am selben Abend die noch eine Bombe gemacht haben [nicht verstanden]. Ich meinte innerlich zu den Jungs, sie sollen gut zielen, um nicht die Kolonne [er meint, die Menschenmasse] zu treffen. Gut, dass ich in dem Moment mit einem Schutzschild ausgestattet war und habe so die Schläge auf mich genommen.
Beim Eingang zum BILLA Supermarkt haben die geschossen. Vom Dach des Hotel Ukraina auch. Menschen wohnten in Zelten. Und überlebten irgendwie.
Masha: Was hat sich nach dem Maidan geändert?
Bär: Hätte ich jetzt nicht gesagt. Wie auch immer dieser Janukowitsch war, aber irgendwie ging das noch. Heute ist alles 3-4 Mal schlimmer geworden. In der Geschichte der Ukraine gab es bis jetzt noch nicht, dass der Dollar um das Dreifache gestiegen ist. Das sagt schon was aus. Haben Sie schon Capuccino gemacht? Bon Appetit! [lacht, Café-Lärm]
Masha: Irgendwann zwei Jahre zuvor mit einer anderen Freundin haben wir mit dir ein Foto gemacht. Da warst du Eichhörnchen. Wenn du willst, kann ich per E-Mail zuschicken.
Bär: Schreibe.
Masha: Ist so ein historischer Moment. Zwei Jahre danach. Kennt ihr euch untereinander? Es gibt ja noch mehr Bären hier?
Bär: Ja, ich weiß. Aber die können nicht so spielen.
Masha: Hm, haben sich an uns ran gemacht. Aber kennt ihr euch?
Bär: Ja [akustisch unklar] Der Schaum ist nicht richtig geschlagen worden.
Masha: Woher weißt du?
Bär: Ich habe hier mal gearbeitet.
Masha: Wie?
Bär: Ich werde bald auf Barista umsteigen. Ich kann hier schon Herzchen und Blätter machen.
Masha: Nele hat sich heute morgen gefragt, wie das geht, diese Herzen zu machen?
Bär: Willst du, dass ich beibringe? Nele würde bestimmt gern lernen.
[Masha frage Nele.]
Bär: Man muss die Milch richtig schlagen, aber die ist überhitzt. Der Schaum muss glänzend sein. Hier war der Typ, bei dem ich das gelernt habe.
Masha: Hast du dich selbst mal vorgeschlagen?
Bär: Hier habe ich auch schon gearbeitet. Aber die haben mich gefeuert. [lacht] Ich habe ein Mädel gefragt, ob sie nicht Teller abwaschen könnte. Dafür haben die mich gefeuert. Ist ein blöder Grund.